Samstag, 6. Juli 2013

Ilsenburg


Ich kenne Ilsenburg seit über 20zig Jahren von Tagesausflügen, habe aber jetzt das erste Mal für eine Woche einen Aufenthalt gebucht. Das erlaubt mir, mehr vom Ort selbst zu entdecken als die wohl bekannteste Perspektive von Ilsenburg: den Forellenteich und die „Rothen Forellen“ und den kleinen Marktplatz.



Gleich bei meinem ersten Rundgang gerate ich ins Staunen. Mein Spontaneindruck: Hier ist Geld im Ort. Auffällig ist der hervorragende Zustand der vielen renovierten Häuser: frisch gestrichene Fassaden, intakte eiserne Zäune, Ziegel und Schiefer an den Seitenwänden der Häuser. Die liebevoll bepflanzten Gärten verraten intensive Betreuung. Blühende Lindenbäume duften intensiv und runden die einladende Atmosphäre ab.




Während ich so Betrachtung vor einem Haus stehen bleibe, kommt ein junges Paar mit Kinderwagen vorbei. „Reisen Sie gleich wieder ab, hier gibt es nichts Interessantes!“, ruft mir der junge Mann zu.  Wir kommen ins Gespräch. Was ist der Grund für diese Einschätzung? Ich vermute, dass der junge Mann keine Arbeit hat, denn im Harz gibt es nur wenige Arbeitsmöglichkeiten. Aber nein, dies sei hier kein Problem. Man fände so schlecht eine Wohnung, sie hätten nur mit viel Glück eine gefunden. Die junge Frau schwächt den negativen Eindruck ihres Partners ab. Er komme aus „Wasserleben“ – der Ort sei mit Ilsenburg verfeindet. Ich behalte diese Einschätzung im Hinterkopf  - und besichtige Ilsenburg weiter.
Im Verlauf meines Aufenthalts wird mir deutlich, dass Ilsenburg einen ganz anderen historischen Hintergrund hat – der sich eben auch in den Bauten ausdrückt – als viele Harzorte. Nicht nur das Ilsenburger Schloss (im Besitz der Grafen Stollberg – Wernigerode bis 1945), das ursprüngliche Benediktiner Kloster (Romanik) und der Herrenhof mitten in der Stadt (Marienhof, Wohnort der Fürstin Eleonore v. Reuss im 19. Jahrh.) sorgten für die Bedeutung des Ortes. Ilsenburg hat auch eine besondere Stellung durch seine Industriegeschichte.


Andere Harzorte verarmten mit dem Ende des Abbaus von Silber und Erz, aber Ilsenburg konnte sich auch im 18. und 19. Jahrhundert noch weiterentwickeln. Ilsenburg war ein Zentrum der Metallverarbeitung. 32 Mühlen wurden durch das Wasser der Ilse angetrieben, eben nicht primär Getreidemühlen, sondern z. B. Sägemühlen, Nagelmühle. Es gab ein Eisenwalzwerk und Drahthütten, in denen z.B. Ketten hergestellt wurden.  Auf der Ilse wurden Bäume geflößt. 8 Stauteiche wurden für die Energiegewinnung angelegt.


So kommt es, dass Ilsenburg eine „Mittelstellung“ zwischen den alten Städten wie Blankenburg oder Wernigerode und den Bergorten wie St. Andreasberg einnimmt.
In der Touristinfo frage ich nach. Eine nette Dame gibt mir bereitwillig Auskunft. Ilsenburg hat – mit den Ortsteilen Drübeck und Darlingerode – 10000 Einwohner. Es gibt ein Gewerbe- und Industriegebiet, das noch weiter ausgebaut wird. ThyssenKrupp Nockenwellen sind hier präsent ebenso wie ein Walzwerk der Salzgitterwerke. Mitarbeiter der Managmentebene lassen sich gerne in Ilsenburg nieder, auch die Facharbeiter suchen Wohnungen. Auch die Angestellte im Tourismusbüro sucht mit ihrem Mann ein Haus – aber sie haben Ilsenburg auf Grund der hohen Preise nun schon ausgeschlossen.
Ich freue mich Hintergründe zu erfahren und so Ilsenburg nicht nur als Wanderort wahrzunehmen. Beim Kaffee in den "Rothen Forellen" sehe ich mir den Forellenteich noch einmal von der gegenüberliegenden Seite an.






                                                                   

Freitag, 5. Juli 2013

Klosterwanderweg: Ilsenburg - Drübeck


Seit ein paar Jahren gibt es am Harzrand einen neuen Themenwanderweg: den Klosterwanderweg. Er führt von Goslar (Kloster Grauhof) nach Thale (Kloster Wendhusen).
Heute will ich das kurze Teilstück (3,2 km) vom Kloster Ilsenburg zum Kloster Drübeck wandern. Zu Beginn werfe ich einen Blick in die alte romanische Klosterkirche (12. Jahrh.). Schon seit etwa 1000 gab es hier ein Benediktinerkloster. Gleich am Kloster startet der Teilabschnitt. Ich habe besonderes Glück mit dem Wetter. Bei Sonnenschein präsentieren sich die abfallenden Wiesen links neben mir besonders beschaulich.


Dann geht es in den hellen Mischwald. Der Weg ist gut ausgeschildert und man erreicht schnell einen kleinen Fischteich, dessen Wasserfläche sich in der Sonne spiegelt.


Der Weg weist leichte Hebungen und Senkungen auf. Über allem liegt Ruhe – auch wenn die Benennung als „Klosterweg“ eine neue Wahl ist, habe ich doch einen besonders friedlichen Eindruck und fühle mich wie auf einem Pilgerpfad.
Nach 30 – 40 Minuten erreiche ich die Hauptstraße in Drübeck. Die goldgelben Getreidefelder rechts ziehen meinen Blick an




Man sieht schon die Klosterkirche. Das Gebäude erweist sich bei näherer Erkundung als ein Komplex mehrere Bauten. Heute ist hier ein evangelisches Bildungs- und Tagungszentrum. Doch jeder darf hier alleine durch das Gelände bummeln und die romanische Kirche besichtigen. Die Gärten der früheren Stiftsdamen vermitteln besinnliche Atmosphäre.



Hier gibt es auch ein gutes Klostercafé mit hervorragendem Kuchen und einladenden Sitzgelegenheiten. Nach kurzer Rast trete ich den Rückweg an  - mit dem Wunsch mehr vom Klosterweg kennen zu lernen.

Dienstag, 2. Juli 2013

Von Ilsenburg zum Brocken - Heinrich - Heine - Weg


Heute will ich zum Brocken. Dafür habe ich extra Ilsenburg als Urlaubsort gewählt, denn hier beginnt der „Heinrich – Heine – Weg“ zum Brocken, beworben als „schönster Aufstieg“. Zwei andere – von Schierke und von Braunlage -  kenne ich bereits. Nun also der Weg, den Heine 1824 nahm. Als Rundweg soll er 26 km lang sein. Er gilt zugleich als „anspruchsvollste Brockenwanderung“.
Ich starte bei bestem Wetter um 8:15 von meiner Ferienwohnung und begebe ich zum Ausgangspunkt am Blocherhauer. Die ersten 1,5 Stunden zu den Ilsefällen verlaufen recht gemütlich. Es geht leicht bergan, der Weg präsentiert sich mit rauschender Ilse, Granitblocken und Fichten als idealer, romantischer Wanderweg, der immer auch zu Fotopausen aufruft.



An der „roten Brücke/Bremer Hütte“ kreuze ich einen breiten Hauptweg –

-  und gerate in eine zeitraubende Wegsucherei, denn zuerst gelingt es mir nicht, die richtige Abzweigung zu wählen. Ich gehe in die falsche Richtung – gerate nach einiger Zeit in Zweifel (der Weg scheint vom schon sichtbaren Brocken wegzuführen) –



- und kehre um. An der Wegkreuzung angelangt, treffe ich ein Paar, das auch auf der Suche ist und trotzdem diesen Weg für den richtigen hält. Gemeinsam gehen wir zurück – und geraten bei der nächsten Abzweigung ins Überlegen. Nun entscheide ich mich doch für die Umkehr und verlasse das Paar.
Ja, jetzt ist es der richtige Weg: Die letzten 4,5 km zum Brocken ständig ansteigend, insgesamt sind es 900m Höhenanstieg (auf 1142 m Brocken).
Besonders kräftezehrend sind die letzten 2,8 km auf einem Plattenweg. Jetzt geht es eher mühsam voran.


Ich mache unterhalb des Brockens  - am „Kleinen Brocken“ eine große Pause (11:45 – 12:25). Verzehre meinen Proviant und liege – eingehüllt in meine Windjacke – auf einer Bank in der Sonne. Einige andere Wanderer ziehen eher verbissen an mir vorbei – eigentlich ist es auch meine Tendenz, erst Mal das nahe Ziel zu erreichen – aber ich kenne die Situation am Brocken. Dort ist noch windiger und einen so schönen Rastplatz nur für mich finde ich bestimmt nicht.
Also ruhe ich mich aus. Eine Infotafel verrät, dass auch Heine den Aufstieg anstrengend fand – und froh war, von hier das nahe Brockenhäuschen zu sehen. Und der war etwa halb so alt wie ich (!) – allerdings sicher ohne Outdoor Wanderkleidung.


Nach meiner Pause gehe ich die letzten 1,2 km auf dem Plattenweg an und erreiche so geradezu ausgeruht den Brocken!
Ein kurzer Rundgang – hauptsächlich um den Eingang der großen Wanderbaude zu finden. Wieder nehme ich mir Zeit – etwa 45 Minuten – und esse Bockwurst mit Brötchen. Bei 60% der Menschen scheint es sich um echte Brockenwanderer zu handeln, leicht an der Ausrüstung erkennbar. Der Rest kam wohl mit der Bahn.
Um 13:30 beginnt der Rückweg – diesmal über den „gelben Brink“. Die ersten 4 km muss ich auf der Asphaltchaussee gehen. Bald haben sich dort die Wanderer verloren und ich genieße die Ausblicke.




Als ich dann in den „gelben Brink“ einbiege, überrascht mich ein wunderbarer, lohnender Streckenabschnitt: Die verdeckte Ilse unter Granitfelsen rauscht hörbar – sonst nur Stille und Vogelgesang. Rechts vom Wege erkenne ich, dass hier das ganze Gebiet nur aus einem riesigen Haufen aufeinander getürmter Granitblöcke besteht – von wenig Erde umgeben – und trotzdem mit Fichten bewachsen.



Einmal begegne ich auch drei Mountainbikern, die ihre Räder schieben (eine sportliche Mutter mit zwei etwa 18 und 17 Jahre alten Kindern), die entsetzt hören, dass es bis zum Brocken noch 7km sind und es bis dahin keine Einkehr gibt. Nicht jeder der vergleichsweise vielen Mountainbiker am Brocken schätzt die Lage richtig ein.
Bei herrlichstem Hochsommerwetter gehe ich weiter  – erreiche die Bremer Hütte (30 Min. Rast)


– unterhalte mich dort mit Oberstufenschülern, die für eine Tageswanderung zum Brocken mit ihrem Biologielehrer aus Stendal (!) angereist ist – und wandere an den sonenbeschienenen Ilsefälle wieder zurück.

Die letzten 45 Minuten steigert sich ein fernes Donnergrollen, die ersten Spritzer fallen. Als ich um 17:30 in meiner Ferienwohnung eintreffe, bricht das Unwetter los. Ein wunderbarer Tag!
Mein Platz am Netbook bleibt heute Abend frei - jetzt lege ich erst Mal die Beine hoch!